Mittwoch, 23. September 2009

übers Projekt


Hey Leute !!!

Ich bin nun seit mehr als 2 Wochen in meinem Projekt und glaube, dass ich mich schon gut eingelebt habe. Die Namen der 48 Kinder kenn ich natürlich noch nicht alle, die der geschätzt 10 Nonnen vielleicht zur Hälfte. Mein "Boss" hier heißt Sor Isabel und die Assistenzchefin Sor Luz. Elias und ich wohnen in einem eigenen Zimmer mit eigenem Badezimmer in der 1. Etage. Die Toilette ist aber seit 3 Tagen verstopft. Keine Ahnung warum... Ändern können wir das jedenfalls nicht und ich bin mir ziemlich sicher, dass es ziemlich lange auf sich warten lassen wird, bis hier tatsächlich jemand anrückt. Für alle die, die so etwas noch nicht zu Hause hatten: es ist WIDERLICH!


Mein neues Zu Hause: Die Albergue Infantil Salesiano

Fangen wir aber mit meinem Tagesablauf an: An die Zeiten kann man sich jedoch nur bedingt halten, Pünktlichkeit wird zwar eigentlich erwartet, ist aber nur dann vorhanden, wenn der Schulbus ohne einen abfahren würde.

Morgens um 7:10 muss einer von uns beiden die Kids mit einer Nonne in die insgesamt 6 Schulen bringen. Dafür gibt es einen großen Bus (den leider nicht wir fahren dürfen), indem alle Platz haben. Die Schulen sind hier in der Umgebung verteilt und werden nacheinander abgeklappert. Das ganze dauert in etwa eine Stunde. Danach gibt es Frühstück für den, der schon wach ist, der andere kann noch weiter schlafen.


Der große Schulbus (wenn es regnet tropfts übrigens durch dir Decke)


Jeden Tag Rührei, Tortillas und Bohnen war uns jedoch schnell ein wenig einseitig, weshalb wir uns einen kleinen Tischgrill (sieht aus wie ein Miniofen- ist in Deutschland glaub ich eher weniger verbreitet) gekauft haben, in dem wir uns Sandwichs machen können. Die Nonnen haben uns außerdem einen Teil ihres Kühlschranks zur Verfügung gestellt, sodass wir Obst und Joghurt und solche Sachen kaufen können. Ich bin darüber echt glücklich, weil ich jetzt zwischen den Mahlzeiten auch mal was essen kann und auch Morgens selbst bestimmen kann, was ich essen möchte. Über Müsli mit Früchten waren die Nonnen übrigens mehr als erstaunt. Die dachten echt, dass man von Ananas mit Milch Magenprobleme bekommt.

Yehaaa ! geht ab ;)

Bis 12:40 haben wir Freizeit, dann fahren wir die Kinder von den Schulen abholen, was um einiges länger dauert, als das Hinbringen, da bei einer der Schulen alle Klassen nacheinander rausgeschickt werden. Und das dauert echt ewig…

eine der x Klassen

Mittlerweile fahre ich aber mit Sor Luz im "micro" (Kleinbus) zu der am weitesten entfernten Schule und Elias fährt mit dem großen zu den andern Schulen.



Der Name der Schule, man muss über die Brücke rüber, um reinzukommen. Darunter ist ein Abwasserfluss.


Sor Luz mit einigen der kids auf dem Schulhof


Angekommen in der Albergue

Anschließend beaufsichtigen wir die Kinder beim Waschen ihrer Schulkleidung. Nebenbei waschen wir übrigens auch unsere Kleidung - Mich würde an dieser Stelle interessieren wie viele von euch schon mal die dreckige Wäsche von einer Woche mit der Hand gewaschen haben?!
Genießt es Waschmaschinen zu besitzen! Per Hand waschen ist unglaublich anstrengend, verschleudert Unmengen an Wasser und dauert Stunden! Außerdem gehen bei dem Waschmittel, das die hier benutzen keine Flecken raus.


Was ein künstliches Lächeln .. nach fast ner Stunde waschen hat man echt keine Lust mehr !



zähes Verhandeln - sauber oder muss nochmal gewaschen werden?!

Meistens werden die Kids von uns (blaue Wäsche) oder Donia -so heißt die Frau, die in der Wäscherei angestellt ist, (weiße Wäsche) zurück geschickt, um das Kleidungsstück nochmal zu waschen. Die Nonnen legen unglaublich viel Wert darauf, dass alle Kinder morgens schick (mit gegelten Haaren) und mit sauberer Kleidung los gehen. Auch wenn sie jeden Tag mit neuen Essens- und Spielflecken nach Hause kommen.

Hier wird übrigens gerade nur die Schulkleidung gewaschen. Morgens vor der Schule (die stehen um 6:00 Uhr auf) ist die andere Wäsche dran. Jedes Kind besitzt ungefähr 2 T-Shirts! Nicht 10-20 oder mehr wie wir ! Und es reicht !


Elias erklärt einem der Kleineren wie's richtig geht...


und tut so als wenn er bei der ganzen Sache auch noch Spaß hätte ;)
Die Maschine hinten rechts im Bild dürfen wir übrigens nicht benutzen - gemein!

Gegen 2 versammeln sich die Kinder vor dem Essensraum und werden nacheinander rein gelassen, damit es kein Chaos bei der Essensausgabe gibt. Das Essen besteht jeden Tag aus Tortillas, Bohnen und wechselndem Gemüse, manchmal auch Fleisch. Oft gibt es Chicharon (weich gekochte Schweinehaut), die den Kindern (Elias und mir weniger) super schmeckt. Wenn es Nachtisch gibt - Obst.

Weiter geht’s mit der „hora de oficio“. Das bedeutet, dass sich jedes Kind Besen oder Wischer schnappt und das Gelände saubermacht. Ich und Elias haben die Bereiche um die Kapelle zugeteilt bekommen. Dafür wurden mir 2 Kinder (Julian & Mauricio) zugewiesen, die ich beaufsichtige. Ich bin der Ansicht, dass diese Einheit eher der Beschäftigung dient, da wir jeden Tag einen fast unbenutzten Weg fegen und Blätter aufsammeln…

beim täglichen Wischen -
jedes Kind hat für einen Monat den gleichen Bereich sauberzuhalten

Anschließend ist „hora de estudio“. Ich sitze während der ungefähr 2 Stunden in der Klasse von Sor (heißt übrigens Schwester, wie ihr euch wahrscheinlich schon gedacht habt) Luz. Da die Kinder vormittags in den Schulen waren, ist dies aber kein Unterricht, sondern eher Hausaufgabenbetreuung. Meine Aufgaben wechseln: Oft gebe ich einzelnen Schülern Nachhilfe. Die letzten 2 Tage habe ich zum Beispiel Juan-Daniel Dividieren und Lautlesen (mit Satzzeichen beachten!) beigebracht. Nebenbei übe ich noch mit einigen das 10er Einmaleins. In der Klasse sind Kinder zwischen – geschätzt – 8 und 13, wobei auch der Vierjährige Jonatan mit von der Partie ist. Während alle andern rechnen oder spanische Rechtschreibung lernen, schneidet er dann Kreise aus, malt oder spielt mit Knete auf dem Boden.



Jonatan, 4



José-Daniel, der alte Mathematiker



perfecto !



Manchmal kommen auch während der "hora de estudio" Gäste, die den Kindern etwas beibringen, hier zum Thema Rythmus mit Klatschen und Singen usw. Ganz cool eigentlich - Den Kids macht's auf jeden Fall Spaß.

Danach – wir sind ungefähr bei 17:30 – ist für eine Stunde Spielzeit. Meistens spielen wir mit den älteren Kids Fußball. Es gibt aber auch Rutschen, Wippen, Kartenspiele, Spielzeugautos und -figuren usw.

Anschließend holen wir noch Octaviano und Abraham von der Abendschule, meistens um 8 und Sor Maribel von der Uni, um 9 Uhr ab. Beides ist zu Fuß in weniger als 10 Minuten errichbar. Nach dem Abendessen sind wir dann fertig.


Warten (einer der wichtigsten Bestandteile meines Lebens in Mexiko) auf Sor Maribel vor der Uni


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Zu Beginn hatten Elias und Ich das Gefühl, dass wir hier überflüssig sind. Wir hatten keinen Stundenplan und haben viel Zeit in unserem Zimmer verbracht, weil wir nicht wussten was zu tun ist. Man muss aber dazu sagen, dass in der ersten Woche alle Schulen aufgrund der Influenza geschlossen waren, weshalb die Kinder keinen normalen Alltag hatten. Die Situation hat sich mittlerweile deutlich gebessert.

Neben dem Stundenplan hat uns Sor Isabel die Leitsätze der Albergue in einer Powerpointpräsentation gezeigt und uns erklärt, wie der Laden hier funktioniert. Das wichtigste – und gleichzeitig das einzige was ich von der Präsentation behalten habe – ist, dass die Kinder NIE alleine sein sollen. Sie sind immer unter Aufsicht und mit ihrer Vergangenheit nicht sich selbst überlassen.

Übrigens: Die Kinder sind entweder Opfer von häuslicher Gewalt, haben also oft auch Narben am Körper oder stammen aus „families with low economic resources“, wie es von der Organisation Siijuve hier politically correct ausgedrückt wird. Letztere sind in der Albergue, weil ihre Eltern (falls beide vorhanden) nicht für sie da wären, da sie den ganzen Tag arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen. Die Kinder sind, was ihre Geschichten angeht, sehr verschlossen und so weiß ich bisher nur im Allgemeinen bescheid.

Ein wirkliches Gefühl von Verantwortung hatte ich die letzten beiden Tage zum ersten Mal, als ich ohne Begleitung einer Nonne 9 Kids zu Fuß von der Schule abholen musste, weil der Busfahrer nicht hier war. Irgendwie ist es auch verständlich, dass mir hier nicht von Anfang an viel Verantwortung übertragen werden kann, da erst Vertrauen aufgebaut werden muss. Dennoch hätte ich gerne z.T. mehr Herausforderung und nicht nur entweder sehr einfache Tätigkeiten (wie z.B. Aufpassen, dass 2 Jungs richtig fegen) oder aber Tätigkeiten, bei denen man auch auf mich verzichten könnte (wie z.B. Assistieren im Unterricht).

Andererseits stellen Elias und Ich, unabhängig von dem was wir hier machen für die 48 Jungen die einzigen männlichen Vorbilder dar. Und das einfach nur durch reden, spielen und da sein. Wir sind gleichzeitig Freund und Erzieher, insofern ist meine Arbeit hier, auch wenn ich bisher unterm Strich noch nicht viel Wichtiges geleistet habe, für die Entwicklung der Kinder auf jeden Fall positiv. Wir werden beim Essen regelrecht mit Fragen durchlöchert, was wir schon gemacht haben, was wir können, was für Sprachen wir sprechen, in welchen Ländern wir schon waren, usw. Ich bin mir sicher, dass es für die Kinder eine super Sache ist, 2 Ältere „Freunde“ aus einem anderen Land zu haben.

Das Zusammenleben mit Nonnen ist übrigens viel besser als erwartet. Die sind IMMER super freundlich und nett und viele auch echt witzig. Außerdem sind sie unglaublich liebevoll zu den Kindern.



So, Ich hoffe ihr habt jetzt endlich – sorry dass es lange gedauert hat – einen Eindruck von meinem Leben hier. Ich möchte mich noch bei all meinen Förderern bedanken ! Ich bin super glücklich dass hier machen zu können !! DANKE !


Macht's gut & bis demnächst

Ben


P.S.

Schilder mit "Frisch gestrichen" sind hier unüblich...

.. muss man locker sehen.





WARMER REGEN - EINFACH NUR GEIL !



Freitag, 4. September 2009

Im Tuxtla Gutierrez angekommen !

Hallo Leute !

Seit Montag 2:30 Uhr bin ich nach einer 10-Stunden Busfahrt (von der ich mindestens 8 geschlafen habe) in Tuxlta Gutierrez. Die ersten beiden Nächte waren wir provisorisch bei Rafa - unserem netten Coordinator untergebracht.

Mit mir in Chiapas sind von links nach rechts:


Felix aus Minden (19), Elias aus Lauf (bei Nürnberg, 20), Robin aus Hamburg (18), Lisa aus Finnland (21) und Jessica aus England (25)

Nach der Ankunft in Rafas Wohnung haben wir uns noch - trotz kleffendem, vereinsamtem Hund auf dem Dach (der kommt da echt NIE runter !) Tuxtla bei Nacht angeguckt:


Den Montag haben wir im Nationalpark des Cañyón del Sumidero verbracht - sehr beeindruckend ! Hingekommen sind wir (mit 8 Leuten) in Pablo's altem VW Pointer. Typische mexikanisch: Mindestens 4 Polizisten haben uns einfach ignoriert, obwohl wir uns zu fünft auf die Rückbank gequetscht hatten und mein Kopf deutlich aus dem Fenster hing... Im Gegensatz zu Deutschland (alle verlieren ihren Führerschein) hätte es hier aber auch nur eine Strafe von geschätzt 200 Pesos (ca. 10 €) gegeben. Anschnallen ist hier in Mexiko übrigens nicht weitverbreitet. Führerscheine aber auch nicht (vielleicht hat in etwa die Häflte einen).

Wir haben uns den Canyon von den Bergen aus ausgeguckt, die Bootsfahrt durch den Fluss folgt noch. Es gab mehrere Aussichtsplattformen, an denen wir angehalten haben. Auf der obersten gab es eine Art Souvenirshop, in dem wir auch 'was zu trinken kaufen konnten. Mit hatten wir nämlich nichts. Die Planung ist hier in Mexiko - soweit meine Erfahrung - generell ein bisschen dürftig. Wir wollten eigentlich auch in den Zoo. Dass der Montags aber geschlossen hatte ist uns - obwohl es in jedem noch so kleinen Reiseführer steht - erst vor Ort aufgefallen.


Hier gibts die weiteren Fotos

Abends haben wir unsere Kontaktpersonen in einer Bar am Park getroffen. Jedem Freiwilligen wird jemand aus Tuxtla zugewiesen, um sich besser einleben zu können. Meine Kontaktperson heißt Leti, hat das letzte Jahr in England gelebt und war als einzige nicht anwesend... Jessica und Lisa sind schon ziemlich früh gegangen, da sie von ihren Gastfamilien abgeholt wurden. Die Kontaktpersonen machen alle einen super netten Eindruck und können auch einigermaßen gut Englisch, was zumindest am Anfang ein deutlicher Vorteil ist.

Dienstag abend sind Elias und Ich dann endlich in unser Projekt gekommen. Da es schon spät war, wurde uns nur noch unser Zimmer gezeigt. Endlich Sachen auspacken ! Nach fast 2 Wochen Leben aus dem Koffer war das echt toll :)

Über mein Projekt werde ich nach dem Wochenende berichten. Heute abend treffen wir uns um 8 Uhr bei Rafa zum Clubbing. Ich bin gespannt
& freue mich auf mein erstes Bier. Alkohol ist im Projekt nämlich verboten! Und unter der Woche abends dürfen Elias und Ich auch nicht raus.

Machts gut

Ben


P.S. Bäume schneiden auf mexikanisch:


Stiehl ist hier anscheinend noch nicht angekommen.
Wie der Mann das 2 Stunden bei geschätzt 35°C und 99% Luftfeuchtigkeit durchgehalten hat, ohne vom Baum zu fallen ist mir echt schleierhaft !